So funktioniert die Analyse eines Fußballspiels

Ein Fussballspiel wird so analysiert. (Symbolbild)
Ein Fussballspiel wird so analysiert. (Symbolbild) (Bildquelle: StockSnap (CC0))

Die Analyse ist aus der heutigen Fußballwelt kaum noch wegzudenken. Nicht nur in den Profiligen, auch im Amateurbereich nimmt sie eine immer wichtigere Bedeutung ein. Bei den Analysen im Fernsehen herrscht oft Erstaunen darüber, was die Experten alles erkennen können. Viele Zuschauer, die sich zwar gerne ein Spiel ansehen, mit den Feinheiten des Spiels aber nicht so vertraut sind, fragen sich oftmals, wie sie selbst lernen können, die Spiele besser zu lesen.

Wer analysieren möchte, muss das große Ganze im Überblick haben.

Wenn der Trainer in der Pause am Stehpult für die Präsentation Platz nimmt und auf dem Flip-Chart seine Erkenntnisse präsentiert, die er im Verlauf der ersten Halbzeit gewonnen hat, dann kann er das nur machen, weil er gelernt hat, ein Spiel richtig zu lesen.

Doch was bedeutet das eigentlich: Ein Spiel zu „lesen“? Im Grunde genommen geht es dabei um nichts anderes, als zu lernen, den Blick vom aktuellen Geschehen ein wenig abzulenken und den Überblick zu behalten, was am gesamten Spielfeld geschieht. Die Kunst dabei ist es, nicht ständig den Ball im Auge zu behalten, auch wenn das im ersten Moment etwas paradox klingen mag.

Mit ein wenig Übung ist es möglich, seinen Blick über das gesamte Spielfeld gleiten zu lassen, um zum Beispiel die grundsätzliche taktische Ausrichtung der Mannschaften zu erkennen und trotzdem das Spielgeschehen im Auge zu behalten. Denn unser Gehirn ist durchaus in der Lage, zwei unterschiedliche Ereignisse gleichzeitig wahrzunehmen.

Nicht das Kurzzeitgedächtnis überschätzen

Die meisten Menschen überschätzen ihr Kurzzeitgedächtnis massiv. Sie vermuten, dass sie sich bestimmte Dinge viel länger merken können, als das tatsächlich der Fall ist. Doch leider hat unser Kurzzeitgedächtnis keinen besonders großen Speicher und löscht die Informationen im Durchschnitt nach bereits etwa 18 Sekunden wieder. Was als wichtig erachtet wird, landet in weiterer Folge im Langzeitspeicher. Der Haken dabei: Wir können nicht direkt steuern, welche Informationen das sind.

Deshalb ist es für die Analyse wichtig, sich regelmäßig Notizen vom Spielgeschehen zu machen. Jeder kennt den Trainer, der auf der Seitenlinie steht und regelmäßig mit seinem Stift Aufzeichnungen in seinem Notizbuch tätigt, wenn ihm etwas auffällt oder missfällt.

In Zeiten der Digitalisierung gibt es dafür auch andere Möglichkeiten. Beispielsweise können diese Informationen auch ins Smartphone diktiert werden. Mit der entsprechenden Spracherkennungs-Software sind sie für die Analyse dann sogar in schriftlicher Form verfügbar.

Das Spiel in Phasen unterteilen

Auf dem Spielfeld ist ständig etwas los. Eine Mannschaft startet einen Angriff, die andere versucht diesen abzuwehren. Gelingt ihr das, versucht sie wahrscheinlich selbst, einen möglichst schnellen Gegenangriff einzuleiten.

Genau diese Situationen machen das Spiel für den Analytiker besonders interessant. Deshalb achtet er vor allem auf den Angriff und die Abwehr und kann sich dabei jeweils unterschiedliche Fragen stellen:

  • Angriff: Versucht die Mannschaft durch die Mitte anzugreifen oder sucht sie den Erfolg im Flankenspiel? Verharren die Spieler starr auf ihren Positionen oder ist das System eher dynamisch ausgelegt? Welche Spieler bieten sich an und werden von ihren Mitspielern gesucht?

  • Abwehr: Ab welcher Zone auf dem Spielfeld wird der Gegner attackiert? Gibt es eine strikte taktische Ausrichtung hinsichtlich Manndeckung oder Raumdeckung oder wird die Deckungsart öfter gewechselt? Wer deckt wen bei der Manndeckung und wie weit wird der Gegner dabei verfolgt? Wird der Gegner eher nach außen oder nach innen gedrängt?

Neben diesen beiden grundsätzlichen Phasen ist für den Analytiker vor allem interessant, wie sich eine Mannschaft verhält, wenn sie den Ball gewinnt oder verliert. Diese Phase wird von Experten als „Umschaltphase“ bezeichnet.

Wird der Ball verloren, gibt es zwei taktische Ausrichtungen. Entweder die Mannschaft zieht sich daraufhin zurück oder sie versucht durch Pressing sofort wieder in den Ballbesitz zu gelangen. Beim Pressing ist interessant zu beobachten, wer gegen wen presst. Das kann entweder mannorientiert oder aufgrund der Passwege erfolgen.

Beim Ballgewinn einer Mannschaft geht es darum, zu beobachten, wie der Gegenangriff eingeleitet wird. Wird der Angriff über gepflegtes Passspiel langsam aufgebaut oder versucht, mit einem hohen und weiten Pass einen schnellen Konter einzuleiten? Wie sind dabei die Laufwege der einzelnen Spieler? Wie wird der Ballbesitz dabei abgesichert?

Das Auge auf einzelne Spieler richten

Analyse-Profis sind dazu in der Lage, neben dem aktuellen Spielgeschehen auch noch das Verhalten einzelner Spieler zu beobachten. Oftmals lassen sie diese aber bereits bei vorhergehenden Spielen beobachten und sich dann von den Eigenheiten der Spieler berichten.

Die Kenntnis über einzelne Spieler ist wichtig für die taktische Ausrichtung des Spiels. Denn der Matchplan ist schließlich auch von den Stärken und Schwächen des Gegners abhängig. Auch bei der Analyse des einzelnen Spielers sind wieder die vier beschriebenen Spielphasen von entscheidender Bedeutung.

Die meisten Spieler bevorzugen beispielsweise eine bestimmte Seite, wenn sie den Gegner überspielen möchten. Im Zweikampfverhalten ist zu beobachten, ob sich ein Spieler eher aggressiv oder abwartend verhält. Ganz wichtig ist es auch, die „Mätzchen“ zu kennen. Wenn sich ein Hitzkopf schnell provozieren lässt, kann das ebenfalls sehr einfach zum eigenen Vorteil ausgenützt werden.