Bestätigt: Ehemaliger FIFA-Funktionär José Maria Marin an die USA ausgeliefert – die Kreise eines kriselnden Fussballverbands
12.11.2015 | 16:00
Nun ist es ganz offiziell: Die Schweiz hat den inhaftierten FIFA-Funktionär José Maria Marin an die USA ausgeliefert. Dem mittlerweile 83-jährigen Brasilianer wird vorgeworfen, zusammen mit sechs anderen Funktionären des Fussballverbandes, Bestechungsgelder in Höhe von 110 Millionen US-Dollar im...
Nun ist es ganz offiziell: Die Schweiz hat den inhaftierten FIFA-Funktionär José Maria Marin an die USA ausgeliefert. Dem mittlerweile 83-jährigen Brasilianer wird vorgeworfen, zusammen mit sechs anderen Funktionären des Fussballverbandes, Bestechungsgelder in Höhe von 110 Millionen US-Dollar im Zuge der Organisation der Fussballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien angenommen zu haben.
Der frühere Chef des brasilianischen Fussballverbandes wurde bereits letzte Woche Dienstag an die US-amerikanischen Behörden übergeben und muss sich in den kommenden Wochen vor Gericht verantworten. Vermutlich bleibt José Maria Marin aber nicht der letzte hochrangige Mitarbeiter der FIFA, der der Justiz überantwortet wird.
Die Akteure des FIFA-Bestechungsskandals
Was in den letzten Jahren und Monaten bei der FIFA geschehen ist, das ist nicht nur ein Armutszeugnis für den Sport, sondern schädigte auch den Ruf des Verbands enorm. Insgesamt sollen an dem aktuellsten Skandal rund 14 Personen involviert sein, gegen die derzeit noch ermittelt wird.
Betroffen sind hiervon nicht nur Mitglieder der FIFA, sondern auch Chefs von grossen Marketingunternehmen. Sie werden nicht nur der Bestechung und des Betrugs beschuldigt, sondern sollen sich auch für Geldwäscherei rechtfertigen. Auf dieses teils sogar organisierte Verbrechen stehen Haftstrafen von schlimmstenfalls 20 Jahren.
Die Verdächtigen im FIFA-Skandal
Eugenio Figueredo: Präsident des uruguayischen Fussballverbands und ehemaliger Präsident von CONMEBOL, des südamerikanischen Fussballverbands
Jeffery Webb: Präsident des Nord- und Zentralamerikanischen und Karibischen Fussballverbands (CONCACAF), Präsident des Fussballverbands der Cayman Islands sowie Exekutivmitglied der karibischen Fussballunion
Eduardo Li: Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees und Präsident des Fussballverbands von Costa Rica
Julio Rocha: Präsident des nicaraguensischen Fussballverbands und Entwicklungschef der FIFA
Costas Takkas: Diplomatischer Vertreter von Webb
Rafael Esquivel: Präsident des venezolanischen Fussballverbands und Exekutivmitglied der Südamerikanischen Fussballföderation
José Maria Marin: FIFA-Funktionär für Olympische Fussballturniere und ehemaliger Präsident des brasilianischen Fussballverbands
Jack Warner: Ehemaliger FIFA-Vizepräsident und Präsident der karibischen Fussballunion
Nicolas Leoz: Präsident der Südamerikanischen Fussballföderation
Kläger ist das US-amerikanische Department of Justice (DOJ). Dieses will herausgefunden haben, dass die kriminellen Machenschaften bereits über zwei Generationen und über 25 Jahre hinweg gang und gebe gewesen sind. Die Beteiligten hätten "in Zusammenarbeit mit skrupellosen Marketing-Chefs" ihre Position zum eigenen Vorteil ausgenutzt und sich durch den Ausschluss von Mitbewerbern in öffentlichen Ausschreibungen Wettbewerbsvorteile gesichert und so persönlich bereichert, liess das DOJ auf www.justice.gov verlauten.
Insgesamt seien mehr als 150 Millionen Euro seit den Neunzigerjahren in private Taschen geflossen. Beteiligt seien insbesondere Personen, die amerikanischen und karibischen Fussballverbänden angehörig sind. Mit José Maria Marin wurde nun bereits die zweite der sieben Personen, die am 27. Mai in Zürich festgenommen wurden, an die USA ausgeliefert.
Bestechung im Fussball kein Einzelfall
Bestechlichkeit im Fussball ist in den letzten Jahren leider zu einem zentralen Thema geworden. Dies zieht nicht nur den Sport selbst in Verruf, sondern hat auch massgebliche negative Auswirkungen auf andere Branchen und Beteiligte. Sponsoren ziehen sich immer weiter aus Ligen zurück, in denen Bestechungen aufgedeckt werden. Mannschaften fehlt es somit an wichtigen finanziellen Einnahmequellen. Auch der FIFA droht der Verlust zahlreicher Geldgeber, www.swp.de berichtet.
Bild: Politiker und Sponsoren distanzieren sich immer weiter von der FIFA und ihrem Präsidenten. Bildquelle: ID 50286392 © Markwaters | Dreamstime.com - Sepp Blatter, Chancellor Angela Merkel
Aber auch die Sportwettenbranche hat zu kämpfen. Das Vertrauen in Wettanbieter und Buchmacher ist nach der Offenlegung der Wettskandale in den Jahren 2008 bis 2012 durch EUROPOL stark erschüttert worden. Erst allmählich erholt sich die Branche, jüngste Ereignisse wie der FIFA-Skandal um Sepp Blatter stehen den Wettanbietern in der Entwicklung hin zu einer seriöseren Zukunft im Wege.
Experten raten, Wettangebote grundsätzlich nur bei bekannten und lizenzierten Anbietern in Anspruch zu nehmen und sich vorab über die Professionalität des Buchmachers auf renommierten und unabhängigen Seiten wie auf www.sportwettenschweiz.net zu informieren.
Seriöse Buchmacher arbeiten grundsätzlich mit Daten-Detektiven zusammen, die vor wichtigen Spielen die Wahrscheinlichkeit einer Manipulation herausarbeiten. Zusammen mit der FIFA werden wettmarkt-relevante Daten analysiert. Seit 2007 gibt das "Early Warning System" Hinweise darauf, welche Spiele womöglich manipuliert werden. Diese werden folglich aus dem Wettportfolio des Anbieters herausgenommen.
Die Chronik einer fragwürdigen Historie
Die Bemühungen der FIFA, was die Aufdeckung von Spielmanipulationen anbelangt, stehen im direkten Kontrast zu den jüngsten Geschehnissen, von denen anscheinend auch der bisherige FIFA-Präsident wusste. Bislang bestreitet der Schweizer Sepp Blatter jedoch, an den Machenschaften der FIFA-Funktionäre in irgendeiner Weise beteiligt gewesen zu sein.
Der Fussballweltverband ist nicht nur einer der grössten Geldgeber im Fussball, sondern zugleich auch ein Verband mit sehr hohen Einnahmen. 2014 konnte die FIFA circa zwei Milliarden Euro umsetzen und machte dabei ein Plus in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags.
Laut eigenen Angaben verfügt die FIFA circa über 1,5 Milliarden Euro an Eigenkapital, die laut Sepp Blatter als "Reserven" zur Verfügung stehen müssen. Seit dem Jahr 2003 ist das Eigenkapital fast um das 20-fache angestiegen. Vor allem seit Amtsantritt Blatters 1998 wuchs das Kapital der FIFA kontinuierlich an. Seit dieser Zeit haben sich aber auch die Skandale um den Fussballverband gemehrt.
Jahr | Ereignis | Was ist geschehen? |
---|---|---|
1997 | ISL-Skandal | Der ehemalige FIFA-Präsident hat nachweislich Bestechungsgelder im Zuge des WM-Marketings von der Marketingagentur ISL erhalten. |
1998 | Präsidentschaftswahl | Als der FIFA-Generalsekretär Blatter die Wahl zum neuen FIFA-Präsidenten kurz vor der WM in Frankreich gegen Lennart Johansson gewinnt, sollen angeblich Bestechungsgelder in Höhe von 50.000 US-Dollar an afrikanische Delegierte geflossen sein. |
2002 | Ticketskandal | Im Zuge der ersten Fussballweltmeisterschaft auf asiatischem Boden in Südkorea und Japan erhalten viele Fans keine Karte. Später stellt sich heraus, dass FIFA-Funktionäre WM-Tickets privat auf dem Schwarzmarkt verkauften. |
2010 | WM-Vergabe an Russland und Katar | Als das FIFA-Exekutiv-Komitee die WM 2018 an Russland und 2022 an Katar vergibt, werden Stimmen laut, die dem Komitee Bestechlichkeit vorwerfen. Angesichts der klimatischen Bedingungen erschien vor allem die Vergabe des Turniers an das Emirat am Persischen Golf ungerechtfertigt. Die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelte zusätzlich gegen beide Gastgeber, konnte aber keine Fakten nachweisen. Zwei FIFA-Exekutivmitglieder wurden allerdings suspendiert. |
2011 | Präsidentschaftswahl | Mohamed bin Hammam forderte Blatter zur Wahl des neuen FIFA-Präsidenten 2011 heraus. Lange sah es so aus, als könnte der Katarer Blatter wirklich gefährlich werden, bis andere FIFA-Funktionäre, die der Korruption zuvor überführt wurden, Bestechungsvorwürfe erhoben. Mohamed bin Hammam hatte versucht, verschiedene Verbände mit inoffiziellen Zahlungen in Höhe von 40.000 Dollar zu bestechen. Blatter machte es offiziell und versprach den Verbänden eine Millionen Dollar als offizielle FIFA-Zuwendung. |
Derzeit geht man davon aus, dass in naher Zukunft noch weitere Skandale aufgedeckt werden. Die kriminellen Strukturen innerhalb der FIFA sind noch längst nicht in Gänze entschlüsselt.
Bildquellen:
ID 4718828 © Kojoku | Dreamstime.com - President of FIFA Joseph Blatter
ID 50286392 © Markwaters | Dreamstime.com - Sepp Blatter, Chancellor Angela Merkel